Wie man Wanderführer wird
Eigentlich ist es ganz einfach Wanderführer zu werden. Du gehst zu deinem Wanderverein und sagst denen, du kennst eine tolle Strecke und ob ihr die nicht einmal zusammen wandern wollt. Nach vollendeter Wanderung, bist du quasi „Wanderführer“.
Vielleicht möchtest du aber auch „zertifizierter Wanderführer“ werden? Das ist mit ein wenig mehr Aufwand verbunden.
Zunächst einmal musst du dich für den Wanderführerlehrgang anmelden. Ich habe meinen Kurs im April 2013 bei der Heimat- und Wanderakademie Baden Württemberg gemacht, aber es gibt sicher auch andere Ausbildungsmöglichkeiten. Mach dir am besten vorher Gedanken darüber, ob du die Ausbildung wirklich machen möchtest, denn der Zeitaufwand dafür ist schon relativ hoch. Bei mir waren es 5 Wochenenden, jeweils Samstag und Sonntag 10 Stunden. Also insgesamt 100 Stunden. Allerdings ist da die theoretische und praktische Prüfung schon mit drin. Da die Kursgebühr der Schwarzwaldverein übernommen hat, brauchte ich mir darum keine Gedanken zu machen. Zudem fand der Kurs in meinem Wohnort statt, so dass für mich keine Reise- und Übernachtungskosten anfielen.
Ich nehme es mal vorweg. Nicht dass hier der Eindruck entsteht ich würde irgendjemandem vom Wanderführer-Lehrgang abraten. Für mich war bereits der Lehrgang etwas total stimmiges. Völlig anders als irgend ein Lehrgang, den man z.B. zur beruflichen Weiterbildung absolviert. Hier sitzen nur Leute, die du irgend wie schon kennst. Dass sind sowieso schon alles Wanderinnen und Wanderer. Wie es auf einer Wanderung zugeht, wissen die alle. Da sind also nur „Gleichgesinnte“. Und es macht richtig Spaß hier gemeinsam etwas zu lernen. Das liegt natürlich auch an diesen hochmotivierten „Lehrern“. Fachleute aus den unterschiedlichsten Bereichen bringen dir alles erforderliche Wanderwissen bei. Ich werde nie vergessen, wie sich einer dieser Ausbilder einen Pullover nahm und durch die Faltenbildung (die er mit dem Pullover simulierte) die Entstehung des Schwarzwaldgebirges erklärte oder wie wir lernten mit Stechzirkel, Lupe und Wanderkarte eine Wanderstrecke auszuarbeiten.
Wenn ich alles richtig verstanden habe kann eigentlich jeder Wanderführer*in werden, sofern sie/er das 18te Lebensjahr erreicht hat, einen gültigen Nachweis über die Teilnahme an einem Erste-Hilfe-Kurs vorlegt und die körperliche Eignung für Wanderungen hat.
Die Ausbildung teilt sich in verschiedene Bereiche auf:
Der Grundlehrgang beinhaltet Themen wie „Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Tageswanderungen“, „Naturkundliche Grundlagen der Region“, „Kommunikation und Führungsdidaktik“ und „Recht und Marketing“.
Im Aufbaulehrgang Wandern werden u.a. die Themen „Mehrtageswanderung inkl. Ernährung / Kondition“, weitergehende Themen zu „Recht und Marketing“, der sinnvolle Einsatz von Hilfsmitteln in der „Kommunikation“, „Kultur betonte Ökosysteme der Region“ sowie „Lebensräume und ihre Bedeutung für Tiere und Pflanzen“ und „Mensch – Kultur – Landschaft, regionales Brauchtum / Heimat“, bearbeitet.
Der Aufbaulehrgang Natur/Kultur beinhaltet u.a.: „Entstehungsgeschichte und Geologie“ (der gefaltete Pullover), „Klima- und Vegetationsentwicklung“, „Nachhaltige Landnutzung“, „Entwicklung der regionalen Wirtschaft (Handwerk, Industrie, Handel, Tourismus)“, „Grundzüge der regionalen Geschichte“, „Entwicklung der Kulturlandschaft (Bauwerke / Baustile) und „Nachhaltige Entwicklung und Biodiversität“.
Die Themen des Aufbaulehrgangs Naturschutz/Touristik sind u.a.: „Grundlagen der Kommunikation, Naturerfahrung und Natur- und Erlebnispädagogik“, „Rechtsgrundlagen des Naturschutzes“, „Schutzgebietskategorien“, „Markt-chancen für Natur- und Landschaftsführungen“, „Anbieter und Partner in der Bildungsarbeit“, „Öffentlichkeits-arbeit und Werbung“, sowie zum Thema „Mensch – Kultur – Landschaft“ die Unterthemen Grundlagen des Naturschutzes, regionale und überregionale Leitbilder, Kulturlandschaftsprogramme, Agenda 21, Natura 2000 und nachhaltige Landschafts- und Regionalentwicklung.
Der Abschlusslehrgang beinhaltet schließlich die Themen „Präsentation im Gremium“ und „Öffentlichkeitsarbeit“ und endet in der Durchführung einer schriftlichen Prüfung, einer Ausarbeitung einer Wanderung und einer praktischen Prüfung, die in der Natur stattfindet.
Bei der Fülle der Themen werden verschiedene Bereiche natürlich nur angeschnitten, andere ausführlicher behandelt. Du behältst natürlich auch nicht alles. Manches interessiert dich eben, anderes weniger. Du kannst dich ja hinterher auch irgendwie „spezialisieren“. Ich mache z.B. gerne Fotowanderungen.
Ich fand beim Lehrgang vor allem die Baustilkunde interessant. Auch heute noch bleibe ich vor vielen historischen Gebäuden stehen und versuche, aus dem beim Wanderführerlehrgang gelernten, zu ermitteln, wann das Gebäude wohl gebaut wurde.
Zum Lehrgang gibt es eine ganz ausgezeichnete Ausbildungs-Dokumentation. Da könnte sich manche wirtschaftlich arbeitendes Unternehmen „mal eine Scheibe von abschneiden“. Du nimmst am Ende der Veranstaltung mehrere Aktenordner mit Informationen zu allen unterrichteten Themen mit heim. Die brauchst du nicht oft, aber wenn, sind es gute Nachschlagewerke.
Mit erfolgreich bestandener Prüfung wurde mir dann vom Verband deutscher Gebirgs- und Wandervereine e.V. das Zertifikat „Wanderführer“ überreicht. Die gleichzeitig erreichte Qualifikation durch die Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden Württemberg zum zertifizierten Natur und Landschaftsführer „Wanderführer Schwarzwald“ muss jährlich mit einer Schulung belegt und alle 5 Jahre durch eine Prüfung erneuert werden.
Ich habe nie bereut die Ausbildung gemacht zu haben. Du nimmst halt immer etwas mit, wenn du etwas neues lernst. Und auch wenn nicht alles hängenbleibt hast du dir doch eine gute Grundlage geschaffen, auf die du immer zurück greifen kannst.
Außerdem zählst du nun zum erlauchtem Kreis der zertifizierten Wanderführer*innen und kannst beim jährlichen Wanderführertreffen mit anderen Wanderführer*innen darüber fachsimpeln. Wenn das nichts ist?